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Leander

Jeder ist anders!

Wir sind eine Familie aus Hessen und haben 2 aufgeweckte Jungs. Als unser jüngster Sohn Leander geboren wurde, war Marek 3 Jahre alt und hat die volle Aufmerksamkeit von meinem Mann und mir eingefordert. Umso dankbarer war ich, dass unser zweiter Sohn doch etwas ruhiger war. Er schlief durch und war sehr zufrieden. Mein Vater meinte auch, ich wäre genauso gewesen. Also machte ich mir keine Gedanken. Die Zeit verging, Leander lernte mit 17 Monaten laufen und seine U-Untersuchungen waren unauffällig.

Nach Leanders 2. Geburtstag sprach mich meine Mutter darauf an, dass Marek in dem Alter aber schon bedeutend mehr gesprochen habe! Natürlich war mir das auch schon aufgefallen, jedoch wollte ich die beiden nicht ständig miteinander vergleichen, wo doch jedes Kind verschieden ist! Bei der nächsten U-Untersuchung sprach ich Leanders Sprachverzögerung bei unserem Kinderarzt an. Er meinte nur, das kommt schon noch. Es kam aber leider nicht und es spielten sich zu Hause und unterwegs dramatische Szenen ab. Leander wollte mir etwas mitteilen und ich als Mutter konnte ihn nicht verstehen.

Er wurde total wütend.

Schmiss Gegenstände auf den Boden und wir weinten beide. Ich war total am Ende. Irgendwann bekam ich den Hinweis von einer Kollegin, probiere doch mal beim Zahnarzt, ob Du Logopädie verschrieben bekommst. Das machte ich natürlich und ich konnte mein Glück kaum glauben, als die Kinderzahnärztin mir ein Rezept verschrieb. Sie sagte, ich bekomme so viele Folge-Rezepte, wie ich möchte. Sofort fuhr ich zu einer mir empfohlenen Logopädin und konnte am nächsten Tag mit Leander zu ihr kommen.

Leander machte langsam Fortschritte. Ich merkte jedoch, irgendetwas stimmt nicht. Er hatte keine Lust, Laufrad zu fahren und schaukeln bei uns im Garten machte ihm auch keinen Spaß. Wenn wir ihn ermutigen wollten, mit uns raus in den Wald zu gehen, wollte er lieber zu Hause in seinem Zimmer spielen. Im Kindergarten war er ein unauffälliges Kind, weil er sehr ruhig war und den Erzieherinnen und Erziehern dadurch wenig Arbeit machte. Er ging gerne in den Kindergarten und teilte sich auch den Kindern mit. Diese verstanden ihn kaum und lachten ihn aus. Dadurch redete er dort noch weniger und zog sich zurück.

Um unserm Sohn zu helfen und Klarheit zu bekommen,

beantragte ich eine Sprachheilkur über die Deutsche Rentenversicherung. Nach umfangreicher Recherche gab ich als Wunschziel die Klinik Werscherberg an. Mein Antrag wurde bewilligt und nach 7 Monaten Wartezeit konnten Leander und ich für 4 Wochen in diese spezielle Sprach-Reha fahren. Innerhalb weniger Tagen ist dort der Bewegungs-Therapeutin aufgefallen, dass Leander eine ideomotorische Dyspraxie hat. Sie nahm mich zur Seite und klärte mich über diese Krankheit auf. Ich brach in Tränen aus! Sie gab mir verschiedene Bücher und Buchempfehlungen.

Zusätzlich wurde uns nahegelegt, in einen Sprachheil-Kindergarten zu wechseln. Da es so etwas in unserer Region nicht gibt, stellten wir mehrere Aufnahme-Anträge in verschiedenen Kindergärten. Wir hatten Glück und er wechselte im letzten Kindergartenjahr vor der Schule in einen kirchlichen Kindergarten, wo er herzlich empfangen wurde. Da der Kindergarten viel weiter von unserem Wohnhaus entfernt war, waren wir gezwungen, uns ein zweites Auto anzuschaffen. Die Therapeuten empfahlen uns darüber hinaus auch noch 2-3 mal pro Woche Logopädie und 2 mal Ergotherapie.

Darüber hinaus bekamen wir in der Reha auch Tipps, wie wir seine gestörte Eigenwahrnehmung verbessern können. So kaufte ich dort ein großes Kissen, das mit Kirschkernen gefüllt ist. Lege ich das im Schlaf auf seinen Rücken, schläft Leander bedeutend ruhiger. Manchmal holt er es sich auch von selbst. Um seinen eigenen Körper besser spüren zu können, steckt er sich manchmal etliche Steine in die Jacke. Für mich unvorstellbar, mit so einem Gewicht umherzulaufen. Für ihn Erholung.

In neuen Umgebungen fällt es ihm schwer, sich zurecht zu finden. Dort nimmt er meist einen Stock und klopft das Außengelände, wie zum Beispiel den Spielplatz im Kindergarten, ab. Für Außenstehende sehr merkwürdig, wir kennen unser Kind und es ist für uns „normal“. Genauso „normal“ ist es für Leander, fast jeden Tag zu einer Therapie zu fahren. Er ist ganz erstaunt, wenn er einen Nachmittag frei hat und es steht nichts auf dem Programm. Er übt gerne in seiner Logopädie-Mappe und merkt, wie gut ihm das positive Feedback tut.

Der Kampf mit Ämtern, Ärzten und Behörden

Zum Glück fanden wir im Internet die Seite www.dyspraxie-online.de. Dort gibt es für jeden Bereich das passende Forum. So haben wir zum Beispiel zum Schulgespräch für die Lehrer den passenden Info-Zettel ausgedruckt und abgegeben. Sie waren sehr dankbar, da sie gar nichts über die Krankheit wussten!

Was mich immer wieder traurig macht, dass Dyspraxie mit ADHS in eine Schublade gesteckt wird. So bekamen wir schon 2 Mal die Empfehlung von unserem Kinderarzt, wir sollten unserem Kind doch Ritalin geben. Es wird so viel in ihn investiert und mit dieser Pille wäre es einfacher. Die Frage ist, für wen wird es einfacher? Wohl eher für ihn und nicht für uns. Erwiesen für uns ist: bei Kindern, die Dyspraxie haben, hilft Ritalin nicht!

Leanders komplette Geschichte ...

... kann man in unserem Buch Dyspraxie-Kinder nachlesen.